Legg Mason: Was 2017 alles richtig laufen könnte

2016 war eindeutig ein Jahr der Überraschungen: Die Präsidentschaftswahlen in den USA, das Nein zur EU der Briten und auch die Kehrtwendung in der amerikanischen Zinspolitik traf viele Anleger völlig überraschend. Dennoch dominierte zum Jahreswechsel ein spürbarer Optimismus an den Märkten. Und den will sich auch Legg Mason erhalten und hat seine Tochtergesellschaften nicht einfach nur nach einem Ausblick für 2017 gefragt, sondern wollte wissen, was in diesem Jahr für Investoren alles richtig laufen könnte.

Liegt ein positiver Zyklus vor uns?

Es gibt immer Themen, die Anleger genau abwägen sollten – so auch aktuell. Eines davon ist eine mögliche Aufwärtsspirale der Inflation, die die amerikanischen Währungshüter vor die große Herausforderung stellen könnte, angemessen zu reagieren. Ein weiteres Thema: Eine Kombination aus höheren Ausgaben der Regierung und Steuersenkungen, die den amerikanischen Schuldenberg in Höhe von 19 Billionen US-Dollar weiter wachsen lassen könnte. Das wiederum würde die langfristigen Zinsen ansteigen lassen, da auch das ohnehin schon große Angebot an US-Treasuries in diesem Teil des Marktes weiter wachsen würde.

Außerhalb der USA sind es wohl die Sorgen um Chinas Wachstum, die Anleger umtreiben. Denn das chinesische Finanzsystem saugt den wachsenden Markt für lokale Anleihen auf wie ein Schwamm. Dann wäre da noch die Frage, wie es in Japan weitergeht, sollte es trotz der massiven Ausgaben und der noch immer expansiven Geldpolitik nicht gelingen, nachhaltiges Wachstum zu generieren. Und in Europa geht es darum, ob die von der Weltbank, vom Internationalen Währungsfonds und der EZB propagierte Sparpolitik weiterhin eine wirtschaftliche Erholung verhindert oder ob die bevorstehenden Wahlen die Regierungen davon überzeugen, die finanzielle Kontrolle etwas zu lockern.

Doch was würde passieren, wenn sich Zinsen, Politik und Wachstum zu einem positiven statt einem Teufelskreis verbinden? Moderate wirtschaftliche Verbesserungen in den USA in Kombination mit besonnen Zinserhöhungen der Fed, die eine Erholung nicht im Keim ersticken, sind durchaus im Rahmen des Möglichen. Sollte es so kommen, könnten sich die gestiegenen Inflationserwartungen um das Fed-Ziel von zwei Prozent einpendeln. Das wiederum könnte bedeuten, dass US-Aktien richtig lagen, die ja bereits die Wahrscheinlichkeit auf eine aussichtsreichere Zukunft mit anhaltenden Gewinnverbesserungen und einer wiederauflebenden Nachfrage widerspiegeln. Das wäre eine willkommene Abwechslung für Unternehmen – und auch für Anleihen würde es bedeuten, dass die Flucht zum Jahresende nur eine Überreaktion auf einen möglichen negativen Ausblick war.

Zitat ClearBridge Investments zu diesem Szenario:

“Wir können uns ein Szenario vorstellen, in dem die Renditen von zehnjährigen US-Treasuries in einer akzeptablen Spanne zwischen 1,7 und 2,5 Prozent liegen. Bleiben die Renditen in dieser Spanne, müssten sich Anleger keine Gedanken darüber machen, dass steigende Zinsen einen zu hohen Druck auf Bewertungen und Liquidität ausüben oder fallende Zinsen Rezessionsängste auslösen könnten.”

Populismus: Staatsbildung zu Hause?

Sowohl der Brexit als auch die Wahl von Donald Trump haben die etablierte politische und wirtschaftliche Ordnung erschüttert, eine nationalstaatliche protektionistische Haltung kanalisiert und die Prinzipien der Globalisierung in Frage gestellt. Die treibende Kraft hinter diesem Umschwung ist eine Mittelschicht, deren Wirtschaftskraft über Jahrzehnte hinweg dezimiert wurde. Entsprechend konzentriert sich der Unmut auf Arbeitsplatzabbau und Gehaltsstagnation inmitten einer immer stärker werdenden Verflechtung der Weltwirtschaft.

Die Finanzmärkte haben sich bisher jedoch auf das mögliche Aufwärtspotenzial dieser Entwicklung konzentriert – vor allem auf eine Wende im Inneren: eine mögliche politische Schieflage zugunsten steuerlicher Anreize, die höhere staatliche Kreditaufnahmen zur Folge hätte. Diese staatlichen Mittelaufnahmen sind jedoch sowohl in Europa als auch in den USA ein heißes Thema, da viele Parteien aufgrund des ohnehin substanziellen Schuldenberges gegen eine weitere Neuverschuldung sind.

Bislang ist sowohl in den USA als auch in Großbritannien unklar, wie diese gegensätzlichen Sichtweisen versöhnt werden können. Gleichzeitig gilt für beide Volkswirtschaften, dass ein Fokus auf die heimische Wirtschaft ein erneutes Interesse an verschiedensten lokalen Investitionen aufkeimen lassen könnte: die Erneuerung von Brücken, Straßen, Wassersystemen und dem Nahverkehr.

Zitat Martin Currie zu diesem Szenario:

“Die Kulisse eines weiterhin schwachen Wachstums und eines politischen Separatismus in Europa könnte zum Katalysator für Regierungen werden, Maßnahmen zu ergreifen, ihre jeweiligen Wirtschaften zu stimulieren.”

Ein Ende der Haushaltsbeschränkungen?

Es waren die großen Zentralbanken der Welt, denen auch der Großteil der Bürde auferlegt wurde, für Erholung im Nachgang an die Finanzkrise 2008 zu sorgen – und das in Zeiten, in denen die Weltbank und der Internationale Währungsfonds Europa zu Sparmaßnahmen verpflichtet hatten und der US-Kongress den Haushalt gekürzt hatte. China hingegen hat seine massiven Infrastruktur- und Immobilienprojekte mit immensen Fremdwährungsreserven und internen Darlehen angeheizt.

Um die Lücke zu füllen, die die steuerlichen Beschränkungen hinterlassen hatten, wurde die Rolle der Zentralbanken kurzerhand ausgedehnt: Statt um Unterstützung und Liquidität für das Finanzsystem ging es darum, der Weltwirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Nun aber scheint es einen wachsenden Konsens – auch unter den Zentralbanken selbst – zu geben, dass die Taktiken mit der Zeit immer mehr an Effizienz verlieren. Die Finanzmärkte haben die Aussichten auf die steuerliche Freizügigkeit, die Donald Trump während seines Wahlkampfes versprochen hat, mit großem Eifer begrüßt. Das zeigt, wie bereit der Markt ist, über die Auswirkungen auf den Haushalt hinwegzusehen – oder generell gesprochen über ausbleibende Spezifika. Damit wird auch die Stimmung an den Finanzmärkten deutlich, die den finanzpolitischen Hilfsmitteln eindeutig den Vortritt lassen wollen – zumindest kurzfristig oder eben so lange bis erste Rechnungen fällig werden.

Zitat Brandywine Global zu diesem Szenario:

“Wir glauben, dass sich die Welt wegbewegt von einem Investmentregime, das von der Geldpolitik der Industrienationen abhängig ist, hin zu einem, das auf realem Wachstum basiert.“

Gibt es Raum für M&A-Aktivitäten und steigenden Kapitaleinsatz?

Im November 2016 wurden weltweit M&A-Aktivitäten in Höhe von 2,85 Billionen US-Dollar vermeldet – davon alleine 1,99 Billionen US-Dollar in den USA. Im zweiten Quartal 2016 haben Unternehmen aus dem S&P 500 Aktien in Höhe von 125,1 Milliarden US-Dollar zurückgekauft. 137 der S&P Unternehmen haben über einen Zeitraum von zwölf Monaten, der am 30. Juni 2016 endete, sogar mehr Geld für Aktienrückkaufe ausgegeben, als sie im selben Zeitraum eingenommen haben.

Angefeuert wurden diese Gelage von einer mächtigen Kombination aus bilanziellen Kassenbeständen und Nullzinsen. Doch wenn die Nachfrage in einer aufblühenden Wirtschaft nun wieder steigt, werden vor allem die produzierenden Unternehmen aber auch andere wieder mehr Notwendigkeit sehen, in die heimische Produktion zu investieren. Dazu gehört auch eine aggressivere Einstellungspolitik, insbesondere wenn der weltweite Handel zähflüssiger werden sollte. Die Nachfrage, die durch die erneuerten Ausgaben entsteht, könnte die Liquidität gut und gerne auf die Suche nach einer verbesserten Produktivität schicken. Denn sie trifft auf ein eingeschränktes Angebot – auch wenn der Verschuldungsgrad der Unternehmen wächst.

Zitat Clarion Partner zu diesem Szenario:

“Unternehmensinvestitionen könnten ihre Krise endlich überwinden. Denn sie sind die fehlende Komponente in der aktuellen Erholung und im Expansionszyklus.“

Verändern sich Neigungen zum Positiven?

Die raschen Veränderungen an den Finanzmärkten nach der US-Präsidentschaftswahl haben einmal mehr bewiesen, dass ein Wechsel in der Erzählung den kleinen aber feinen Unterschied machen und der Glaube an eine bessere Zukunft sein eigenes positives Momentum entwickeln kann – ebenso wie ein hartnäckiger Pessimismus jede Erholung im Keim ersticken lassen kann.

Zwei beeindruckende Beispiele aus 2016: Ohne auch nur ein einziges Gesetz auf den Weg zu bringen oder gar zu verabschieden, hat die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA die emotionale Landkarte der Anleger völlig verändert. Er steht für den Wandel des politischen Umfelds. Anstatt langsam und besonnen zu reagieren, wenn Veränderungen in der Steuerpolitik erste Wirkung zeigen, reagieren US-Aktien als wären neue Maßnahmen bereits umgesetzt – trotz des politischen Gegenwindes, den Trumps Pläne vermutlich hervorrufen werden.

Das gleiche Phänomen kann auch in Großbritannien beobachtet werden, wo weder das Timing noch die letztendlichen Auswirkungen eines Brexit wirklich feststehen. Und dennoch verlor das britische Pfund bereits rund 16 Prozent gegenüber dem US-Dollar, während der britische Aktienmarkt eine Rallye mit Gewinnen von rund 13 Prozent erlebte. In den Schwellenländern haben Ängste vor Zöllen, die vermutlich noch Jahre brauchen, bevor sie tatsächlich umgesetzt sind, das „heiße Geld“ vertrieben, obwohl die Aussichten für die Fundamentaldaten in den Ländern weiterhin stark sind.

Zitat RARE Infrastructure zu diesem Szenario:

„Fiskalpolitische Anreize, auf die sich eine populistische Politik konzentrieren, haben in der Regel einen lokalen Fokus und führen sehr wahrscheinlich dazu, dass die Menschen mit ihren Leben wieder glücklich sind. Das sollte die Stimmung der Verbraucher heben und damit für höhere Konsumausgaben sorgen.”