Robeco veröffentlicht Ausblick für 2021: Bewältigung des Trilemmas

In seinem Jahresausblick erwartet Robeco, dass 2021 ein gutes Jahr für riskante Vermögensanlagen wird. Dabei werden Aktien voraussichtlich überdurchschnittliche Renditen erzielen. In einem Szenario allerdings, in dem für einen Großteil der Weltbevölkerung kein wirksamer Impfstoff gegen das Coronavirus verfügbar ist, ist alles möglich und sämtliche riskanten Vermögensanlagen werden negative Erträge abwerfen.

Jeroenblokland
Jeroen Blokland
Nach den Erwartungen von Robeco werden Anleger im Jahr 2021 weiterhin mit einem Trilemma konfrontiert sein. Dieses besteht darin, eine Balance zwischen drei Aspekten der Coronavirus-Krise zu finden: der Wiederherstellung der öffentlichen Gesundheit, der Rückkehr zu einer normal funktionierenden Wirtschaft und der Wahrung persönlicher Freiheiten. Im Basisszenario wird ein Impfstoff in der ersten Hälfte des Jahres 2021 verfügbar. Die Kombination aus dem baldigen Vorliegen eines wirksamen Impfstoffs und anhaltenden geld- und fiskalpolitischen Anreizen ermöglicht ein Wachstum der Wirtschaftsleistung und – noch wichtiger – ein laufend verbessertes Gewinnwachstum der Unternehmen.

Für den durchschnittlichen Gewinn pro Aktie wird ein Niveau in der Nähe des Werts vor Ausbruch des Coronavirus erwartet. Dies impliziert ein Gewinnwachstum von rund 20 %, wenn die Wirtschaft von der Rezession zur Konjunkturerholung übergeht. In der Vergangenheit war diese Phase durch das stärkste Wachstum des Gewinns pro Aktie im Konjunkturzyklus sowie einen Anstieg der Bewertungen charakterisiert. Doch angesichts der derzeitigen Bewertungsniveaus hält Robeco den Spielraum für einen weiteren Anstieg der Bewertungskennziffern für begrenzt, auch wenn die Aktienerträge sehr solide erscheinen.

Peter van der welle robeco
Peter Van der Welle
Eine Erholung der Unternehmensgewinne würde bedeuten, dass der Anstieg der Zahlungsausfälle bei Hochzinsanleihen zum Stillstand käme. Da die aktuellen Spreads etwas über dem langfristigen Durchschnitt liegen, besteht Spielraum für eine weitere Einengung. Dennoch erscheinen hochverzinsliche Anleihen aus Risiko/Ertrags-Perspektive etwas weniger attraktiv als Aktien. Die Spreads von Unternehmensanleihen mit Investment Grade-Rating werden sich voraussichtlich einengen.

Außerdem dürfte es zu gewissen Umschichtungen von Staatsanleihen in Unternehmensanleihen seitens Anlegern kommen, die auf Rendite aus sind, aber ihr Gesamtrisiko nicht erhöhen wollen. Die Renditen von Staatsanleihen werden sich weiter allmählich erhöhen, vor allem in den USA. Da die US-Notenbank ein asymmetrisches Inflationsziel verfolgt, das die Möglichkeit der Kompensation einer unterhalb des Ziels bleibenden Inflation bietet, ist bei steigenden Inflationserwartungen kaum mit Gegenmaßnahmen zu rechnen.

Da die Geldpolitik jedoch nach wie vor sehr großzügig ist und die Diskussion darüber anhält, was ein asymmetrisches Inflationsziel in der Praxis bedeutet, ist der potenzielle Renditeanstieg begrenzt. Darüber hinaus wird ein etwaiger Renditeanstieg am langen Ende der Zinskurve erfolgen, da die kurzfristigen Renditen durch den Leitzins niedrig gehalten werden. Infolgedessen wird die Renditekurve steiler werden.

Das günstige Umfeld für riskante Vermögensanlagen kommt auch Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern zugute. Währungen aus den Emerging Markets verfügen über reichlich Spielraum zum Ausgleich ihrer starken Wechselkursverluste gegenüber dem US-Dollar. Doch da Robeco gleichzeitig mit einer Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar rechnet, werden die Währungsgewinne in Euro weniger ausgeprägt sein. Zudem ist die Geldpolitik nicht so locker wie in den entwickelten Volkswirtschaften, weshalb anhaltend niedrige Renditen in den Schwellenländern weniger wahrscheinlich sind.

Die Neuausrichtung von Angebot und Nachfrage bei Rohstoffen, die vor einigen Monaten eingesetzt hat, setzt sich fort. Insbesondere der Rohstoffbedarf Chinas nimmt weiter zu und treibt die Preise nach oben. Robeco rechnet mit einer langsamen Erhöhung der Ölproduktion durch die „OPEC+“-Länder, die mit dem Wiederanstieg der Nachfrage einhergeht. Dies sorgt für ein solides Aufwärtspotential beim Ölpreis.

Peter van der Welle, Multi Asset Strategist: „2020 wird aus ökonomischer Sicht wahrscheinlich als eines der bemerkenswertesten Jahre in die Geschichte eingehen, da die Coronavirus-Krise zur stärksten Rezession seit den 1930er Jahren geführt hat. Die globale Entwicklung wird auch weiterhin von der engen Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Notenbanken abhängen. Ihre permanente Koordination hat bislang den wirtschaftlichen Schaden erheblich abgemildert. Bislang wurde noch keine akzeptable Balance aus öffentlicher Gesundheit, der Wirtschaft und persönlichen Freiheiten gefunden. Genau dieses Trilemma und seine Bewältigung wird die Rahmenbedingungen für Wirtschaft, Finanzmärkte und Gesellschaft im Jahr 2021 bestimmen.“

Jeroen Blokland, Head of Multi Asset: „Viel hängt von der baldigen Verfügbarkeit und Wirksamkeit eines Impfstoffs ab und vom Ausmaß, in dem wir zu einer Art „neuer Normalität“ zurückkehren. Doch sind wir ziemlich optimistisch und erwarten in unserem Basisszenario eine Bewältigung des politischen Trilemmas zwischen öffentlicher Gesundheit, der Aufrechterhaltung der Konjunktur und persönlicher Freiheit. Infolgedessen werden die Schwankungen auf makroökonomische Ebene und an den Märkten deutlich zurückgehen, wenn sich eine Neue Normalität herauskristallisiert. Ein solches Umfeld ist typischerweise günstig für die Finanzmärkte, weshalb wir für 2021 recht zuversichtlich sind.“